Rechtlich korrekte Vorgehensweise

Lösungsansätze können hier besprochen werden.
Wie können derartig globale Abmahn-Wellen verhindert werden?

Rechtlich korrekte Vorgehensweise

Beitragvon Versutior am Mo 10. Aug 2015, 17:13

Hallo Forenmitglieder!

Mich hat es auch erwischt. Eine Bildagentur will mich auf € 36.000,- für ein winzige Bildchen verklagen, das dem beanstandeten Bild nur ansatzweise ähnlich sieht und so nie von mir verwendet wurde!
Hab mich nun eine ganze Woche mit dieser Causa auseinandergesetzt, mich von einem Urheberrechts- und einem Medienanwalt beraten lassen, einen Richter (Studienkollegen) am Handelsgericht konsultiert.
Facit: SO GEHT`S NICHT! - Mit mir nicht!

Vielleicht ist diese meine Informationsbeschaffung und Vorgehensweise einigen von Euch eine Hilfe - oder ein Gedankenanstoß - und wenn´s nur ein wenig hilft, dann war´s die Mühe und die Zeit wert! :-)


1. Klaren Kopf bewahren - und nicht verzagen! Dies ist das Wichtigste - wenn Ihr so ein Abmahnschreiben erhält!
2. Papier ist geduldig - und Behauptungen ausstellen kann jeder! => Also: SACHVERHALT PRÜFEN (ist die Anschuldigung wahr?)
3. Verteidigungs- & Abwehr-Strategie entwickeln.


Ad 1: Kühlen Kopf bewahren
Die Bildagenturen und im speziellen die "ehrenwerten Abmahn-Anwälte" rechnen und bauen auf die mangelnden Rechtskenntnisse und die fehlenden rechtlichen Informationen über Rechtsentscheidungen (=Urteile) der beschuldigten Personen.

Ihre Strategie beruht auf Einschüchterung,
ihre Taktik sind Zeitdruck und die Androhung von Gerichtsverfahren (=> Gefahr hoher Kosten!)

ABER: Die deutsche und österreichische Rechtsordnung basiert auf dem Kausalitätsprinzip!
Nach dem Kausalitätsprinzip – das dem deutschen und österr. Straf- und Zivilrecht zugrunde liegt – muß der Kläger folgendes beweisen:
Hier zitiere ich (ungefähr) unseren Medien- und Urheberrechtsanwalt:
„Der Kläger muß zweifelsfrei nachweisen, daß er der Geschädigte ist.
Dazu ist Bedingung: Der Kläger muß ausreichend und hinlänglich den Beweis erbringen (durch einen sog. Klagsvertreter = Anwalt), daß der Kläger (K) der rechtmäßige Inhaber der Verwertungsrechte des beanstandeten Bildes bzw. der gesammelten Werke des Fotografen (=Urhebers) ist.
Beweis: Vorlage eines Vertrag aus dem unmissverständlich und zweifelsfrei hervorgeht, daß der Kläger der rechtmäßige Inhaber der Verwertungsrechte des Fotografen und im speziellen Fall auch des bzw. der inkriminierten/beanstandeten Bilder ist (durch eine beglaubigten Abschrift wenn notwendig beglaubigte Übersetzung - des Vertrages mit dem Fotographen, natürlich in deutscher Sprache). -Wann wurden die exklusiven Bildverwertungsrechte durch den Kläger erworben. (Beweis: ………).
=> Wichtig: VOR Verwendung durch den Beklagten! Eindeutiger Nachweis, daß das beanstandete Bild vor dem Erwerb durch den Kläger nicht anderweitig verfügbar war.“

HIER liegt bereits der erste große Stolperstein für den "ehrenwerten Abmahnanwalt"!
Denn: Die Verträge der Bildagenturen sind meist in englischer Sprache abfasst. Um bei einem Gericht in den D-A-CH-Ländern erfolgreich klagen zu können, müssen ALLE Unterlagen in der Amtssprache = DEUTSCH (oder in BEGLAUBIGTER DEUTSCHER ÜBERSETZUNG) vorgelegt werden.
Das gilt für jedes einzelne beanstandete Bild und für jeden einzelnen Fotografen!!!
DIE BEWEISLAST LIEGT BEIM KLÄGER!!! => d. h. dies muß die Bildagentur vorlegen (bzw. ihr Rechtsvertreter)
Dies sind enorme Kosten, die in keiner Relation zum möglicherweise zu erzielenden Betrag für das "Bild-Honorar" stehen.
Bis dato ist keine einziges Gerichtsurteil im gesamten D-A-CH Gebiet bekannt geworden, wo eine Bildagentur ein derartiges Verfahren gegenüber Privat-Personen bzw. Klein- und Mittelbetrieben angestrengt bzw. bis zu einem Urteil durchgefochten hätte!

Ad 2. SACHVERHALT PRÜFEN
Das bedeutet - kann die Bildagentur wirklich - wie es im "Juristendeutsch" gefordert ist - hinlänglich UND ausreichend nachweisen, daß es um ein missbräuchlich verwendetes Bild handelt, an dem die Bildagentur die => alleineigen <= Verwertungsrechte besitzt!
Hier gilt es folgendes zu beweisen:
1. Seit wann ist die Agentur im Besitz der => alleinigen <= Verwertungsrechte für das / die beanstandeten Bilder
2. Die Agentur muß nachweisen, daß das/die Bild/er vorher nicht frei zugänglich war (was im Normalfall schwer möglich ist)
3. Die Agentur muß beweisen, daß es sich ein pixelgenau identes Bild handelt (und nicht um ein abgeändertes bzw. deutlich verändertes Bild, das mit dem Originalbild nur mehr wenig gemein hat)

Ad 3. Verteidigungs- & Abwehr-Strategie entwickeln
Stellt sich nun tatsächlich heraus, daß Ihr/Du ein lizenzrechtlich geschütztes Bild unwissentlich verwendet hast/habt, dann kann eine
=> Unterlassungserklärung (siehe Blog: Unterlassungserklärung 2015) im Normalfall das Ärgste abwenden.
Warum: Weil sich eine RA-Kanzlei/Bildagentur ein derartig aufwendiges Verfahren kaum antun wird, wo im Gegenzug sowenig (€) zu gewinnen ist!

Und sollte es dann der "ehrenwerte Abmahnanwalt" noch immer keine Ruhe geben und weiter mit überhöhten Forderungen und Drohungen kommen, dann brauchst Du / braucht Ihr => gute Nerven und ein gesundes Maß an "Sitzfleisch".
=> Sitz es aus! Nach drei Jahren ist der Anspruch verjährt!
WEIL: => Seit 1995 (länger hat unser Anwalt nicht nachgeforscht) hat KEINE Bildagentur / kein "ehrenwerter Abmahnanwalt" im gesamten deutschsprachigen Raum geklagt!!!!!!!
Die Chancen für Dich/Euch stehen extrem gut!
Ihr braucht hat gute Nerven!

Die Frage, die Ihr Euch beantworten müßt ist:
- Will ich mir meine Ruhe völlig überteuert erkaufen (und ist es mir das wert - falls Du/Ihr Euch dies leisten könnt)?
Oder
- Ihr denkt an einen großen deutschen Dichter, der seiner Figur Götz von Berlichingen einen ganz berühmten und bekannten Ausspruch sagen ließ: "Ich diene dem Kaiser, er aber er ........ " :D :D :D

Viel Erfolg
Vesutior
LG
Versutior

Laßt Euch von den "Gfrastern" nicht tyrannisieren und schon gar nicht abzocken!!!
Versutior
 
Beiträge: 2
Registriert: Mo 10. Aug 2015, 15:38

Re: Rechtlich korrekte Vorgehensweise

Beitragvon Gast am Do 10. Sep 2015, 21:36

Versutior hat geschrieben:WEIL: => Seit 1995 (länger hat unser Anwalt nicht nachgeforscht) hat KEINE Bildagentur / kein "ehrenwerter Abmahnanwalt" im gesamten deutschsprachigen Raum geklagt!!!!!!!


So richtig gut kenne ich mich mit der Materie noch nicht aus, aber bei dem Zitat von dir weiß sogar ICH, dass es an den Haaren herbei gezogen ist. Entweder hat dich dein Anwalt veräppelt oder du veräppelst und hier :-)
Du musst ja einfach mal hier im Forum rumschauen, da gibt es genügend Leute, bei denen es vor Gericht ging.
Und eine kurze Google-Suche bringt auch entsprechende Ergebnisse, sogar Urteile.

Maxi
Gast
 


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