von KMU am Mi 28. Jan 2015, 17:28
Hallo zusammen
Vorab danke an alle, die an diesem Forum mitgewirkt haben. Auch wir kamen in die Fänge von Getty. Dank den hier aufgeführten Informationen, konnte ich eine Verteidigungsstrategie erarbeiten und unseren Fall nach 2 Jahren zu unserer Zufriedenheit abschliessen.
Das Ganze begann mit einem Abmahnbrief aus London und endete schliesslich kurz nach dem Besuch beim Friedensrichter in Zürich.
Hier die wichtigsten Argumente, wie ich sie in unserem Fall eingesetzt habe:
1. Das besagte Bild wurde durch uns nicht publiziert. Wenn wir Bilder publizieren, dann kaufen wir diese auch ein. Jedoch bei anderen Bildagenturen und nicht bei Getty (Kaufbestätigung diverser Bilder vorgelegt, das corpus delicti befand sich nicht darunter).
2. Wir bezweifeln die qualifizierte Geltendmachung ihres Anspruches. Auf die Richtigkeit ihrer wenig vertrauenswürdigen s/w Fotokopie (Printscreen) und die Qualität einer automatisierten Missbrauchserkennung mittels Computersoftware können wir nicht vertrauen. Nebensatz: Ist diese Computersoftware durch eine vertrauenswürdige Stelle zertifiziert, beispielsweise durch eine amtliche Stelle?
3. Es gab keine Nutzung durch uns. Die Nutzungsdauer des besagten grafischen Erzeugnisses beträgt daher 0 Tage.
4. Auf unser Verlangen hin wurde von ihnen eine Rechtsinhaberschaftsbestätigung für das Bilderzeugnis angekündigt, aber nie vorgelegt. Wo ist der Beweis, dass Getty Images im Besitze der exklusiven Nutzungsrechte ist? Bitte beweisen Sie uns hier vorgängig, dass Sie (Pfortmüller) bzw. Ihre Mandantschaft (Getty) die Exklusivrechte dafür besitzt und teilen Sie uns die Anschriften der Fotografen mit, damit wir das auch nachprüfen können.
5. Ist das Werk in der Schweiz überhaupt urheberrechtlich geschützt?
6. Sie stellen eine Vielzahl von Behauptungen in den Raum. Wir betrachten das als Inszenierung. Entweder verdient ihre Kanzlei hier kräftig mit oder sie wurden selber Opfer einer Täuschung durch ihre Mandantschaft.
7. Pfortmüller hat eine unsorgfältige, fehlerbehaftete Klageschrift eingereicht. Daher müssen wir davon ausgehen, dass Richtigkeit kein zentrales Anliegen von Ihnen zu sein scheint. Ganz sicher gehört Genauigkeit nicht zu Ihren Stärken. Schon in der Klageschrift wurde unsorgfältig gearbeitet und eine unrichtige Adresse verwendet, obwohl Sie behaupten, via switch.ch den Domain-Inhaber zuvor bereits korrekt recherchiert zu haben.
8. Welches ist das anzuwendende Recht: Schweizer Recht? Strafrecht? Zivilrecht? Die zivilrechtliche Verjährungsfrist ist 1 Jahr ab Kenntnisnahme eines Verstosses. Die strafrechtliche Norm des URG sieht für strafrechtlich relevante Urheberrechtsverletzungen 7 Jahre vor. Dazu muss die Straftat gegeben sein und dazu wiederum braucht es mindestens einen Eventualvorsatz (gewollte Handlung), was in unserem Falle sicher nicht gegeben ist. Warum wird die Klage aus dem Urheberrecht im Kanton Zürich überhaupt vor dem Friedensrichter verhandelt und nicht vor dem Handelsgericht?
Nach dem Gespräch beim Friedensrichter, bekamen wir nochmals einen Anruf des Assistenten von Pfortmüller. Er hat uns nochmals gedroht, das sie jetzt die Sache vor Gericht bringen wollen, ausser wir würden ihnen den gewünschten Betrag überweisen. Da wir uns uneinsichtig gezeigt haben, hat er es dann noch mit einer offenen Frage versucht: wie viel wären sie bereit zu zahlen, um die Sache zu beenden? Unsere Gegenfrage: wir hören nie mehr wieder von Ihnen? Antwort: ja. Unser Angebot: CHF 200.-.
Kurze Zeit später bekamen wir einen freundlichen Brief von Pfortmüller mit der Kontonummer für 'Getty Klientengelder' und der Bitte, die CHF 200.- doch auf dieses Konto zu überweisen.
Wir haben überwiesen und der Fall ist damit beendet. Denn: rechtlich gesehen, haben wir mit diesem 'Deal' eine Einigung erzielt. Zudem ist die 3 monatige Frist für die Klagebewilligung abgelaufen.
Die Lehre, die wir aus diesem Fall ziehen: Grafische Erzeugnisse o.ä., deren Quellen nicht eindeutig nachweisbar sind, besser nicht auf der eigenen Website verwenden.